Die jüdischen Gemeinden im Altkreis Hünfeld

Eiterfeld


Bereits 1567 wurde in einem Bericht an Landgraf Wilhelm von Hessen von dem Juden zu Eiterfeld gesprochen. 1776 zahlten neun jüdische Haushaltungsvor-stände Steuern. Eine Erhebung von 1830 gab für Eiterfeld elf jüdische Haushalte mit 57 Personen an, als Berufe wurden genannt: Vieh- und Schnittwarenhändler, ein Lehrer, und zwei Schuhmacher. 1854 bestanden 13 Haushalte mit 65 Juden, 1875 wurden der königlichen Regierung in Kassel "83 Seelen" gemeldet. Im Jahr 1893 erhöhte sich die Zahl der jüdischen Einwohner auf 101. Danach waren die Zahlen wieder rückläufig.

Wie in allen Orten des Hünfelder Landes waren die Eiterfelder Juden patriotisch gesinnt und zogen mit ihren christlichen Kameraden in den Ersten Weltkrieg, aus welchem Leopold Lomnitz nicht zurückkehrte.

20 Eiterfelder Juden nahmen am Ersten Weltkrieg teil.

Eine der eingesessenen  jüdischen Familien in Eiterfeld war die Familie Rosenstock. Moritz Rosenstock (*1881 in Eiterfeld) und seine Ehefrau Jettchen geb. Strauß (*1886 in Burghaun) hatten vier Kinder, die in Eiterfeld geboren wurden:

Ruth (*1910), Herta (*1913), Ludwig (*1915) und Julian (*1920)

Die Familie Rosenstock floh nach Palästina. Ludwig kehrte aus ungeklärten Gründen nach Deutschland zurück, was mit seiner Verheiratung zu tun gehabt haben muss. Er wurde in das Konzentrationslager Buchenwald verschleppt, wo er 1942 ums Leben kam.


Ludwig R. als Kind
Ludwig R. als Kind

Oben links:

Moritz und Jettchen Rosenstock vor ihrem Laden mit Sohn Julian - oben rechts: Ehepaar Rosenstock in Israel 

 

Fotos: Privatbesitz Raaya Nadel geb. Strauß, Enkelin von Moritz Rosenstock und Jettchen geb. Strauss

Ludwig gegen 1940
Ludwig gegen 1940

Ein Anlass dafür, dass die meisten Eiterfelder Juden ihren Heimatort schon so früh verließen war die Geschichte mit dem Galgen - daran drei Schlingen und der Inschrift: "Hier gehörten die Volksausbeuter hin: Lomnitz, Strauss und Rosenstock." Nazis, unter Federführung des Kreisbauernführers Salzmann, hatten ihn aufgerichtet, um die Geschäftsleute, bei denen etliche Parteigenossen in der Kreide standen, unter Druck zu setzen und zu erpressen.


(Vgl. „Jüdisches Leben im Hünfelder Land – Juden in Burghaun 2008, S. 43 „Mit dem Brautwagen fing es an“)

 

Zur Synagoge: Die Eiterfelder Synagoge stand in der heutigen Fürstenecker Straße. Sie war ein Fachwerkbau, der zwischen 1827 und 1830 errichtet worden war, und bot 52 Plätze für Männer und 24 für Frauen. Das Gotteshaus wurde während des Novemberpogroms 1938 zerstört und zum Einsturz gebracht. Aus den Akten geht hervor, dass die Synagoge einen Vorgängerbau hatte, der 1827 als baufällig bezeichnet wurde und daher durch einen Neubau ersetzt werden sollte.

 

Zur Schule: 1857 wurde die in Eiterfeld bis dahin existierende Religionsschule in eine öffentliche jüdische Elementarschule umgewandelt. Jedoch starb der amtierende Lehrer im gleichen Jahr, sodass die Schulstelle längere Zeit unbesetzt blieb. Im August 1861 konnte schließlich Lehrer Fauerbach aus Rhina als Elementarlehrer angestellt werden. Die Volksschullehrer nach Fauerbach waren Lehrer Schuster (1905-1924) und Kalmann Oppenheimer (1924-1933). Besuchten im Jahr 1902 noch 14 Kinder die jüdische Volksschule, so waren es 1933 nur noch 8. Mit Wirkung vom 1. Mai 1933 musste die selbstständige jüdische Schule schließen, die verbliebenen Schulkinder wurden der katholischen Volksschule zugeteilt.

 

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  über die jüdische Volksschule in Eiterfeld

 

1927 übernahm die jüdische Gemeinde Eiterfeld den gesamten Nachlass der benachbarten Judengemeinde Erdmannrode (heute Kreis Hersfeld-Rotenburg). Den dortigen Friedhof soll man von da an auch benutzt haben. Das mag für Einzelfälle zutreffen. Nachweislich brachte man die Toten aber weiterhin wie schon seit 1763 zum jüdischen Zentralfriedhof in Burghaun.

Wohnten 1905 noch etwa 80 Juden im Ort, so war am 3. April 1939 laut Bericht des Bürgermeisters an das Landratsamt dort "nur noch ein Jude namens Wiesenfeld(er) wohnhaft" (gemeint ist ein Haushaltungsvorstand). Dieser floh, wie schon seine Glaubens-genossen vor ihm, kurz darauf mit seiner Familie nach Frankfurt am Main.

 

Von den in den 1930er Jahren in Eiterfeld ansässig gewesenen jüdischen Ortsbürgern wurden 13 Personen Opfer des Holocaust.

Seit November 2005 erinnert eine bescheidene Gedenktafel an die Synagogengemeinde von Eiterfeld
Seit November 2005 erinnert eine bescheidene Gedenktafel an die Synagogengemeinde von Eiterfeld