Überleben im KZ

Lilly und Joseph Strauss berichten

 

Nachdem der mörderische Krieg im Mai 1945 zu Ende war und man wieder Kontakt mit anderen Menschen aufnehmen konnte, verfassten Lilly und Joseph Strauss aus Hünfeld im Flüchtlingslager Tynningö Höganäs, Stockholm I, ein Schreiben, worin sie ausführlich über die Zeit ihrer Gefangenschaft berichten. Lilly schickte dieses als Rundbrief an die Verwandten in den USA. Als sie den Brief verfassten, waren die Eltern Strauss noch nicht wieder mit ihren Kindern vereint, standen aber mit Alfred und Gertrud, die in Holland überlebt hatten, in Briefverbindung. Über das Schicksal ihrer ältesten Tochter Emilie (sie wurde in Sobibor ermordet) hatten sie zu diesem Zeitpunkt noch keine Gewissheit.

Der nachfolgende Text ist eine durch kurze Überschriften und Exkurse strukturierte und leicht überarbeitete Abschrift des Originals. Ergänzt wird der Bericht durch einen kleinen Ausschnitt aus einem Zeitungsartikel der 1960er Jahre sowie durch einen Brief von Joseph Strauss  an seinen Freund Hermann Kohlmann in Hünfeld.

 

 

 

 

 

  

 

 

 

Die Überlebenden der Hünfelder Familie Strauss: Lilly und Joseph Strauss mit ihren beiden Kindern Gertrud und Alfred. Die älteste Tochter Emilie (geb. 1927) wurde im Vernichtungslager Sobibor grausam ermordet.  

Lilly Strauss schreibt:

 

„Meine sehr Lieben

Mit Euren Zeilen freuten wir uns sehr, denn wir sind ja so glücklich, dass wir jetzt wieder mit allen lieben Verwandten und Bekannten in Briefverbindung stehen können. Während unserer 3 ½ jähr. Gefangenschaft stand nämlich auf Briefverkehr die Todesstrafe. Wir hatten trotzdem solche Wagehälse dabei, die auch tatsächlich ihr Leben dafür bezahlten. Eine kann ich sogar nennen und zwar eine Frau Dr. Kramer aus der Gruppe Köln. Diese war halbarisch und versuchte Verbindung zu bekommen mit ihren in Deutschland lebenden Verwandten. Es gab noch mehrere solcher Fälle. Aber es waren zu viele Gruppen im Ghetto, um all die Fälle zu kennen. Die Gruppen wurden so eingeteilt wie die Transporte ankamen. Köln war der erste, dann kam unserer, der Kasseler Transport. ..."

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