Bis zur „Machtergreifung“ Hitlers floss das Leben normal dahin, mit viel Arbeit zwar im Geschäft und im Haus, aber auch mit den Annehmlichkeiten eines bescheidenen Wohlstandes. Doch mit dem „Judenboykott“ vom 1. April 1933 begannen sich die Zeiten zu ändern. Der ständige Appell an die christliche Kundschaft „Kauft nicht beim Juden!“ verfehlte seine Wirkung nicht. Durch den Großhandel ließen sich anfangs die rückläufigen Einnahmen noch einigermaßen verkraften, doch ab 1935 ging es rapide abwärts. Unter manchen alltäglichen Anfeindungen ist der Anschlag auf Josephs Ladengeschäft vom 14. März 1935 zu nennen, als unbekannte Täter in der Nacht die Schaufenster seines Ladens demolierten. Schließlich wurde es auch für die treuesten Kunden zu gefährlich, bei einem Juden einzukaufen. Josephs Geschäft ging nach und nach ein, bis es im Jahr 1938 vollkommen ruiniert war. Der Geschäftsübernahme, der sogenannten „Arisierung“, stand nun nichts mehr im Wege. Am 25. Oktober wurde der einst florierende Laden von den „arischen“ Erwerbern neu eröffnet. Die neuen Ladenbesitzer hatten vorerst nur das Geschäft gekauft, sodass die Familie Strauss  im Haus wohnen bleiben konnte.

Nach dem Novemberpogrom 1938, bei welchem auch die Hünfelder Synagoge niedergebrannt wurde, gab es keinen Zweifel mehr am Ernst der Lage und man begann, die Emigration zu planen. Doch bis alle hierfür nötigen Formalitäten erfüllt waren konnten Monate oder Jahre vergehen, daher versuchten Joseph und Lilly so schnell als möglich ihre Kinder in Sicherheit zu bringen und meldeten sie beim jüdischen Hilfsverein für einen Kindertransport ins Ausland an. Ende März/Anfang April mussten die Eltern Strauss, in der Hoffnung auf Rettung, ihre geliebten Kinder nach Holland zu vollkommen fremden Menschen ziehen lassen. Nachdem am 1. September 1939 Hitler-Deutschland den zweiten Weltkrieg begonnen hatte, verringerte sich die Chance auf ein Entkommen dramatisch. Nur wenigen Juden gelang jetzt noch die Flucht. Diese grausame Entwicklung konnte das Ehepaar Strauss nicht vorhersehen, und so hielt man an den Auswanderungs-plänen fest. Doch trotz aller Bemühungen, Briefe und Telegramme - es war zu spät. Was die Verzweifelten nicht wussten: Die Nazis hatten am 23. August 1941 angeordnet, die Auswanderung von Juden, die sie ohnehin ständig blockierten, ganz zu verhindern. Am 23. Oktober 1941 folgte dann das Auswanderungsverbot. Man musste also an Ort und Stelle ausharren und konnte allenfalls noch auf ein Wunder hoffen.

Als Wunder kann man ansehen, dass Joseph und Lilly Strauss, die am 8. Dezember 1941 in das Ghetto Riga deportiert worden waren, ihre Höllenfahrt durch verschiedene Konzentrationslager überlebten und nach Schweden gerettet wurden. Ein weiteres Wunder ist auch, dass Alfred und Gertrud in Holland mit ihren Gastfamilien untertauchen konnten und ebenfalls gerettet wurden. Doch Emilie wurde bei einer Razzia der GESTAPO im Mai 1943 in Amsterdam verhaftet, deportiert und in Sobibor ermordet.

Schließlich konnten sich die geretteten Mitglieder der Familie Strauß unter schwierigen Bedingungen in New York wieder eine neue Existenz aufbauen.

 

 

 

 

 

Familie Strauss nach ihrer Errettung und Zusammenführung im März 1946 in Schweden - ohne die geliebte Milly

 

 

Eine ausführliche Familiengeschichte ist zu finden unter:

 

Die Familie Joseph Strauss in Hünfeld
The Joseph Strauss Family in Huenfeld

  Hingewiesen sei an dieser Stelle auch auf das Buch:

"Jüdisches Leben im Hünfelder Land - Die Familie Joseph Strauss in Hünfeld"

Es liegt zweisprachig (Deutsch / Amerikanisch) vor und kann im Buchhandel käuflich erworben werden.    

Remnants of the Holocaust: Alfred Strauss 2014