Stewart Flörsheim aus Kalifornien auf den Spuren der Vorfahren

Am 12. Mai 2022 kam Mr. Stewart Flörsheim mit seiner Frau Judy zu Besuch nach Hünfeld. Er hatte am Tag zuvor an der Velegung eines Stolpersteins für seine Mutter teilgenommen, die als 17-Jährige aus ihrer Heimatstadt Frankfurt geflohen war. Damit bot sich für ihn eine günstige Gelegenheit, auch Hünfeld einen Besuch abzustatten, wo sein Vater Max Flörsheim 1909 geboren und aufgewachsen war. Der Vater, der Deutschland  1934 aufgrund der NS-Verfolgung verließ, habe oft von Hünfeld gesprochen. Auch befand er sich unter den jüdischen Gästen, die auf Einladung der Stadt Hünfeld 1989 ihre alte Heimat besucht hatten.

Die jüdischen Besucherinnen und Besucher vor dem Hünfelder Rathaus. Stewarts Vater Max Flörsheim sieht man in der 2. Reihe ganz links, rechts neben ihm seine Frau Flora geb. Falk (*1922 in Frankfurt).

Foto: Stadt Hünfeld
Foto: Stadt Hünfeld

Ich (Elisabeth Sternberg-Siebert) hatte mich bereit erklärt, das Ehepaar Flörsheim am Hünfelder Bahnhof in Empfang zu nehmen und durch den Tag zu begleiten. Zunächst gab es einen offiziellen Empfang durch die Stadt Hünfeld, vertreten durch Stadträtin Martina Sauerbier (stellvertretend für den Bürgermeister, der Außentermine wahrzunehmen hatte), Herrn Rübsam, Frau Wehner und Frau Schneider. Daran schloss sich eine Einladung zum Mittagessen an. Bevor man es sich bei strahlendem Sonnenschein am Rathausvorplatz gut schmecken ließ, zeigte ich dem Ehepaar Flörsheim den früheren Standort der am 10. Nov. 1938 zerstörten Synagoge. Heute erinnert ein kleines Täfelchen an das einstige jüdische Gotteshaus.

Anschließend stand ein Stadtrundgang auf dem Programm. Der Weg führte zuerst zur Gedenktafel an der Rückseite des Rathauses und dann entlang der 14 Stolpersteine zum ehemaligen Wohnhaus der Familie Flörsheim in der Fuldaer Straße 6.  Das Elternhaus seines Vaters anzusehen war für Stewart Flörsheim ein besonders emotionales, wenn auch nur kurzes Erlebnis. Das Gebäude sei -nach Auskunft der heutigen Inhaberin- noch das ursprüngliche, aber renoviert und im Inneren völlig umgebaut.   

Inzwischen wartete Frau Schneider bereits im Konrad-Zuse-Museum auf die Gäste, wo die Zeit gerade noch für einen Besuch der Abteilung "Erinnerung an die Juden" reichte.  Denn zum Abschluss sollte noch eine kleine Fahrt nach Burghaun unternommen werden. Dort auf dem großen und eindrucksvollen jüdischen Sammelfriedhof für die Juden des Hünfelder Landes liegen nämlich die Vorfahren der Familie Flörsheim begraben.

Foto: Elisabeth Sternberg-Siebert - Am Grab von Großvater Raphael Flörsheim
Foto: Elisabeth Sternberg-Siebert - Am Grab von Großvater Raphael Flörsheim

Judy und Stewart Flörsheim am Grab von Stewarts Urgroßvater Raphael Flörsheim, der 1914 in Hünfeld starb. Urgroßmutter Bienchen geb. Nußbaum starb 1927 und ist ein paar Meter weiter entfernt begraben. Beide wurden 1845 in Rothenkir-chen geboren, wo weitere Ahnen Flörsheim und Nußbaum nachweisbar sind. Leider sind die Inschriften stark verwittert und unlesbar geworden.

(Übersetzung der Inschrift von Bienchen:)

 

 

Hier ruht

die angesehene und geachtete Frau,

die Krone ihres Mannes und Zier ihrer Kinder,

gottesfürchtig war sie alle ihre Tage.

Frau Bina, Tochter des Meier,

Ehefrau des Raphael Flörsheim

aus der heiligen Gemeinde Hünfeld.

Sie starb hochbetagt

am heiligen Schabbat, am 29. Aw,

und wurde begraben am 2. Neumondstag des Elul

des Jahres [5] 687 n.d.k.Z. (= 27.8.1927).

Ihre Seele sei eingebunden im Bunde des Lebens.

 

Foto: Lagis - Grabstätte von Bienchen Flörsheim vor 1939 (1)
Foto: Lagis - Grabstätte von Bienchen Flörsheim vor 1939 (1)

Bildergalerie

Fotos 1-7: Mit freundlicher Genehmigung von Viktoria Weber, Fuldaer Zeitung

Bericht der Hünfelder Zeitung vom 16. Mai 2022
Bericht der Hünfelder Zeitung vom 16. Mai 2022