Eine erste statistische Aufstellung über die jüdische Bevölkerung im Amt Wehrda von 1731 zählt 12 männliche und 11 weibliche Personen. Laut Karin Billing, Wehrda, ist jedoch aus den Unterlagen nicht klar zu erkennen, ob diese in Wehrda oder in Rhina ansässig waren. (1) Die Tatsache aber, dass bereits ab 1739 Wehrdaer Juden auf dem zuständigen Sammelfriedhof in Burghaun begraben sind, spricht dafür, dass sie in Wehrda lebten, zumal Grabstätten Rhinaer Juden erst ab 1772 dort nachweisbar sind. (2) Auch gibt Paul Arnsberg 14 jüdische Familien zwischen 1764 und 1833 an. Im Jahr 1835 lebten in Wehrda 139 Juden, 1861 waren es 130 Personen, 1893 noch 93 und 1905 schließlich 77.
Das Zahlenverhältnis zwischen der jüdischen und christlichen Bevölkerung zeigen die folgenden Volkszählungsdaten:
1808: 124 Juden - 628 Christen
1822: 114 Juden - 853 Christen
1853/54: 113 Juden - 771 Christen
1871: 120 Juden - 633 Christen
1895: 76 Juden - 574 Christen
1910: 41 Juden - 480 Christen
Bereits um 1900 wanderten viele jüdische Bewohner nach Amerika aus. Das ergibt sich offensichtlich aus diversen Hausverkäufen in dieser Zeit. Allerdings gilt dies auch für viele christliche Familien, die ihr Heil in Übersee suchten.
Der Gottesdienst fand in Wehrda früher im Haus des Metzgers Plaut statt, im Jahr 1804 wurde eine Synagoge erbaut und eingeweiht. Das Bauholz hatten die Patrimonialherren von Trümbach gestiftet. Zum Dank brachte man über dem heiligen Thoraschrein das Trümbachsche Wappen an - Wappenschild mit drei Rosen, die von zwei Löwen gehalten werden. 1866 stellte der Synagogenälteste von Wehrda einen Antrag auf Um- und Ausbau der Synagoge bei der Fuldaer Regierung.
Nach 1933 konnte kein Gottesdienst mehr in der Synagoge in Wehrda abgehalten werden, da die erforderlichen 10 Männer (der Minian) nicht mehr vorhanden waren. Die Gläubigen mussten dann den Gottesdienst in Rhina besuchen. Die Wehrdaer Synagoge überlebte die "Reichskristallnacht" im November 1938. Sie wurde nicht angezündet, jedoch zerstört und in den Folgemonaten abgetragen. Auch hatten die wenigen noch in Wehrda lebenden Juden in der NS-Zeit Anfeindungen und Schikanen zu erleiden, wie aus aufgezeichneten Berichten hervorgeht.
Ab 1837 hatte Wehrda eine selbstständige jüdische Elementarschule mit dem ersten staatlich angestellten Lehrer Josef Weinberg aus Mackenzell. Die Schule wurde 1842 von 26 Schulkindern besucht. Spätere Lehrer waren Samuel Löwenstein, Nathan Ehrenreich und zuletzt von 1901 bis zur Auflösung im Jahr 1919 Siegfried Oppenheim. Die Kinder gingen nach Schließung der Schule entweder nach Rhina oder in die christliche Dorfschule in Wehrda.
Bereits im Zusammenhang mit dem Streit um den Halseisenstock (3) im Jahre 1746 wird in den Unterlagen erwähnt, dass es in Wehrda eine jüdische Schule gab. Hierbei kann es sich nur um eine Religionsschule der jüd. Gemeinde gehandelt haben, in der aber auch das Schreiben und Lesen gelehrt wurde.
Der jüdische Friedhof von Wehrda liegt außerhalb des Ortes am Mühlweg. Er wurde 1853 angelegt und bis 1938 benutzt. Zuvor wurden die Toten in Burghaun beerdigt. (4)
Die nach 1933 noch in Wehrda ansässigen Juden verließen größtenteils den Ort, flohen in größere Städte oder auch nach Übersee. 1936 zählte die jüdische Gemeinde 22 Mitglieder, im Jahr 1938 lebten nur noch 10 Juden in Wehrda. Am 10. Nov. 1939 waren es schließlich noch 5 Personen und zwar: Sally Adler, (*1880) Fanny Adler geb. Weil (*1882), Isaak Jungheim (*1889, Bruder von Sophie Plaut), Sophie Plaut geb. Jungheim (*1892), Marga Plaut (*1925).
Aus dem NS-Alltag in Wehrda...
Mit dem Transport vom 5. Sept. 1942 wurden schließlich die wenigen noch im Altkreis Hünfeld lebenden Juden über Kassel nach Theresienstadt deportiert, unter ihnen auch Sally und Fanny Adler, die beiden letzten jüdischen Bewohner von Wehrda. (5)
Mindestens sieben von den in Deutschland verbliebenen Wehrdaer Juden kamen in den Todeslagern der Nazis ums Leben.
Anmerkungen: